Julius Wellhausen

Julius Wellhausen um 1900

Julius Wellhausen (* 17. Mai 1844 in Hameln; † 7. Januar 1918 in Göttingen) war ein deutscher evangelischer Theologe und Orientalist. Er war ein akademischer Schüler Heinrich Ewalds. Nach seiner Licentiaten-Promotion und Habilitation in Göttingen lehrte er ab 1872 Altes Testament an der Universität Greifswald. Weil er sich als Wissenschaftler außerstande sah, die Studenten auf den kirchlichen Dienst vorzubereiten, legte er 1882 seine Professur nieder und ging als Extraordinarius für Orientalische Sprachen an die Universität Halle. 1885 wurde er zum Ordinarius an der Universität Marburg ernannt; 1892 folgte er einem Ruf an seine Heimatuniversität Göttingen, wo er bis 1913 Orientalische Sprachen lehrte.

Wellhausens Hauptschriften, Die Composition des Hexateuch, die Prolegomena zur Geschichte Israels und die Israelitische und jüdische Geschichte stellten die Forschung zum Alten Testament auf eine neue Grundlage, erfuhren aber auch starken Widerspruch. Mit seinen Arbeiten zur frühislamischen Geschichte leistete er Grundlagenforschung. Sein Spätwerk sind Kommentare zum Neuen Testament, in denen er die Beziehung des historischen Jesus von Nazareth zum frühen Christentum thematisierte.

In seinen verschiedenen Tätigkeitsfeldern ging es Wellhausen darum, durch literarkritische Untersuchung der verfügbaren Quellentexte historische Entwicklungen nachzuzeichnen. Ihm verdankt die Bibelwissenschaft eine neue Meistererzählung, der zufolge zwischen dem vorexilischen Israel, in dem die Propheten wirkten, und dem nachexilischen Judentum, das den Jerusalemer Tempel und die Tora in den Mittelpunkt rückte, unterschieden werden müsse. Das jüdische Ritualgesetz entstammt demnach erst der nachexilischen Zeit und wurde von den biblischen Verfassern in eine „mosaische“ Frühzeit zurückprojiziert.

Das vorexilische Israel bewertete Wellhausen positiver als die nachexilische jüdische Kultgemeinde und das rabbinische Judentum. Auch die Frühzeit des Islams und des Christentums wurden von Wellhausen höher geschätzt als spätere, stärker institutionalisierte Formen dieser Religionen.[1]

  1. Friedrich Wilhelm GrafWellhausen, Julius. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 8, Mohr-Siebeck, Tübingen 2005, Sp. 1385–1386.

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